EIN TYPISCHER TAG

Unter Kindern und auch unter einigen Erwachsenen kommt immer wieder die Frage auf, was wir eigentlich den ganzen Tag machen. Wir passen ein bisschen auf die Kinder auf, das kann doch jeder und ist doch ziemlich leicht.

Nun, da dachten wir uns, wir werden mal über einen typischen Tag im Kinderhaus Högersdorf berichten.

DER TAG BEGINNT

6:00 Uhr – Wecken der Kinder

Die meisten Mädchen sind bereits wach, brauchen aber noch eine oder zwei Unterschriften unter den Arbeiten, die sie nicht gezeigt hatten.

Die Jungs schlafen noch alle. Also erste Weckrunde. Unser kleiner Morgenmuffel hat wieder große Schwierigkeiten. Ok, Decke weg und wachrütteln. Die ersten frühstücken bereits. „Wo ist die Busfahrkarte? Hast Du heute nicht Sport? Na dann los, der Bus fährt gleich.“ „Ach, kannst Du noch ein Brot machen?“

7:00 Uhr – Schulbus

Die Kids hetzen los. Bloß gut, dass der Bus fast vor der Haustür hält. Die Kinder, die zur zweiten Stunde haben, werden geweckt. Dasselbe Spiel noch einmal.

8:00 Uhr – Das leere Haus

Ich nutze die Zeit für ein bisschen Verwaltung. Was steht an? Ein Entwicklungsbericht, Rechnungen bezahlen, Quittungen sortieren und abrechnen. Ach ja, die Waschmaschine ist kaputt und ein paar Schrauben sind aus den Türen verschwunden.

Uups, das Telefon klingelt. Ein Junge hat den Weg zur Schule nicht gefunden. Also los und ihm hinterher. Zum Geheimtreffpunkt der Clique gefahren und gleich drei andere Jungs gefunden (sind nicht alles unsere), alle zusammen zur Schule gebracht. Auf dem Rückweg gleich mal am Baumarkt angehalten und die Schrauben gekauft.

9:30 Uhr – Auf geht´s

Da ich die Schrauben schon habe, repariere ich die Türen und die Waschmaschine. Zum Glück nur ein Lollistil im Sieb. Rosie ruft! Beim Staubsaugen findet sie das neuste Experiment eines Kindes. Aus einer Mischung zwischen Faszination und Ekel betrachten wir das kreative „Etwas“ und beschließen, dass das Kind es entsorgen muss.

10:15 Uhr – Weiter geht´s

Punkt eins und zwei abgearbeitet. Ab ins Büro. Ich nutze die Zeit für ein bisschen Verwaltung. Was steht an? Ein Entwicklungsbericht, Rechnungen bezahlen, Quittungen sortieren und abrechnen.

Das Telefon klingelt. Ein Nachbar bittet mich, mal rüber zu kommen. Dort angelangt zeigt er mir eine angemalte Wand und eine kaputt geworfene Laterne. Glücklicherweise sind meine Kinder nicht die einzigen im Dorf, wissen aber fast alles. Ich verspreche mich darum zu kümmern und die Verursacher:innen aufzuspüren.

10:45 Uhr – Wieder ab ins Büro

Ich nutze die Zeit wieder für ein bisschen Verwaltung. Was steht an? Ein Entwicklungsbericht, Rechnungen bezahlen, Quittungen sortieren und abrechnen. Ich komme gut voran.

Das Kind hat mit seiner Bezugsbetreuerin gut vorgearbeitet und den Entwicklungsbericht weitestgehend fertig. Ich muss nur noch mal lesen und meine Sichtweise ergänzen. Das Telefon klingelt. Diesmal ist es nur die Versicherung, das kann ich sofort klären.

11:15 Uhr – Mal wieder Büro

Ich nutze die Zeit für ein bisschen Verwaltung. Was steht an? Rechnungen bezahlen, Quittungen sortieren und abrechnen.

Es klopft. Huch, das kann doch nur ein Kind sein. „Was machst du denn hier?“ „Lehrer ist krank.“ – gut, dann schauen wir, was das Kind heute an Aufgaben hat und strukturieren den Nachmittag.

HALBZEIT

12:00 Uhr – Dienstbeginn der Erzieher:innen

Erstmal Übergabe und Organisation des Nachmittags. Zwischenzeitlich kommen alle Kinder aus der Schule und melden sich an. Da jeder etwas zu erzählen hat, dauert die Übergabe wie üblich etwas länger.

13:00 Uhr – Der Plan

Gut, alle Erwachsenen haben einen Plan und schnappen sich die Kinder, um mit ihnen zu besprechen, was war und was sein wird.

13:30 Uhr – Mittagessen

Es werden unendlich viele Worte ausgetauscht und der ein oder andere fliegt vom Tisch, weil er sich nicht benehmen kann. Da war doch noch was. Ach, der Nachbar. „Wer kann mir etwas über die Laterne und die Wand erzählen?“ Es dauert etwas, aber dann finden sich die Verantwortlichen.

14:00 Uhr – Tischdienst und Hausaufgabenzeit

Jeder braucht gleichzeitig und dauerhaft Hilfe. Die Erwachsenen flitzen hin und her, um allen gerecht zu werden. Ach, Tischdienst muss kontrolliert werden und unsere Kleinen, die keine Hausaufgaben zu erledigen hatten, haben bereits ihr „Amt“ erledigt. Beide stehen hinter mir und fordern mich auf, die Aufgaben zu kontrollieren. Also noch in die Küche und die Töpfe durchgucken und das Amt kontrollieren.

15:30 Uhr – Kontrollzeit

Alle Kinder sind mit ihren Hausaufgaben und ihren Ämtern durch. Die Bezugskinder bekommen ihre vermehrte Zeit mit ihren Bezugserzieher:innen. Ach, und die Wand muss geweißt und die Laterne repariert werden. Die Betreffenden holen ihre Kumpels aus dem Dorf ab und kümmern sich darum.

DER TAG ENDET

18:00 Uhr – Abendessenvorbereitung

Die Kleinen ans Duschen erinnern. Wäsche für den morgigen Tag ins Zimmer legen, Duschzeug und Schlafanzug ins Bad bringen, dreckige Wäsche in die Wäschekörbe sortieren (aufpassen, dass nicht alles ein Knäul wird).

18:30 Uhr Abendessen

Alle erzählen von ihrem Nachmittag und der Abend beginnt.

19:00 Uhr – Duschalarm

Kinder und Duschen werden koordiniert (glücklicherweise wissen die Älteren ihre Zeiten und achten selbständig darauf). Die einen schauen fern, die anderen sitzen am PC und ein paar haben sich in die Zimmer zurückgezogen und pokern. Nach und nach gehen die Kinder in die Zimmer und das Büro leert sich.

20:30 Uhr – Rückzug

Die letzten gehen in ihre Zimmer. So jetzt ist Zeit, noch mal zu allen einzeln zu gehen und den Tag an uns vorbeiziehen zu lassen. Es ist schön und jedes Kind schläft langsam ein.

21:30 Uhr – Wo war ich?

Ach ja: Ich nutze die Zeit für ein bisschen Verwaltung. Was steht an? Rechnungen bezahlen, Quittungen sortieren und abrechnen. Und heute sind zum Glück nur ein kaputtes Fahrrad und eine demolierte Lampe dazugekommen.